BIOGRAPHIE
Odysseus im 19. Jahrhundert
Kindheit und Jugend
Ende der kindlichen Idylle
Durch Fleiß zum Erfolg
Wohlstand und Ansehen
Goldfieber
Reichtum und Familie
Bildung und Reisen
Suche nach neuem Lebensziel
Vom Autor zum Ausgräber
Neuordnung seines Lebens
Trojan. Traum und Wirklichkeit
Grabungen in Troja (1871-1873)
Schatz des Priamos
Trojas Fluch und Segen
Agamemnon und Mykene
Anerkennung und Kritik
Zurück nach Troja 1878/79
Die Schenkung
Orchomenos und Troja
Herakles und Minos
Die Verteidigung Trojas
LEBENSLAUF
Kurzfassung
seines Lebens
ALBUM &
GALERIE
Bilder rund um Schliemann
Gedenkstätte Neubukow
Die Kunstgalerie
LITERATUR
Empfehlenswerte Bücher
SITESEEING
Die Linksammlung
Die
ersten Tage nach ihrer Rückkehr aus Kleinasien galten der Versorgung
des Schatzes. Obwohl Schliemann keine ernsthaften Nachforschungen befürchtete,
baute er vor und verteilte die einzelnen Stücke innerhalb des großen
Verwandtenkreises seiner Frau. Über die Verstecke gab es keinerlei
schriftliche Vermerke, um die einzelnen Helfer nicht zu gefährden.
Gleichzeitig berichtete Schliemann durch Briefe und Zeitungsartikel über
seinen sensationellen Fund und versandte Fotografien zur Dokumentation.
Die Öffentlichkeit reagierte mit Erstaunen und Bewunderung. In Griechenland
wurde er eine vielbeachtete und berühmte Persönlichkeit, und das
westliche Ausland zollte ihm weitgehend Anerkennung und Beifall.
Diese
einhellig positive Reaktion wurde bald getrübt durch die Maßnahmen
der empörten türkischen Regierung. Schliemann erfuhr mit Bedauern,
dass sein Diener Yannakis von den Behörden verhört und überwacht
wurde. Als er vernahm, dass der von ihm gehasste und abfällig behandelte
Aufseher Amin Effendi sich den Vorwurf der Verletzung der Aufsichtspflicht
gefallen und deshalb ins Gefängnis musste, versuchte er ihn durch ein
Schreiben zu entlasten, indem er die Schuld alleine auf sich nahm. Aber
die durchaus ehrenhaften Bemühungen um seinen Mitarbeiter wurden hingegen
nicht flankiert von Versuchen, die türkische Regierung zu beschwichtigen.
Das inoffizielle Angebot, einige andere Fundstücke aus Troja oder einen
kleinen Teil des Schatzes dem Museum von Konstantinopel nachträglich
zu übergeben, lehnte Schliemann kategorisch ab. Er wähnte sich
sicher auf griechischem Hoheitsgebiet, und an eine Rückkehr nach Kleinasien
dachte er nicht, da für ihn die "trojanische Frage" gelöst
war. Er gedachte, künftig nur noch in Griechenland nach homerischen
Schauplätzen zu suchen, vor allem in Mykene und Orchomenos, die Homer
ebenso wie Troja als "goldreich" bezeichnet hatte, und in Tiryns.
Er bat
sogleich die griechische Regierung um die Grabungserlaubnis in Mykene und
Olympia und bot als Gegenleistung und Zeichen des guten Willens an, den
trojanischen Schatz nach seinem Ableben Griechenland zu überlassen
und ein eigenes Museum dafür zu bauen. Die griechische Regierung hüllte
sich jedoch in Schweigen, und Schliemann führte dies auf den Einfluss
der wissenschaftlichen Kreise in Athen zurück, "da der Neid aller
griechischen Gelehrten gegen mich keine Grenzen kennt und sie mich kreuzigen,
braten und spießen könnten".
Tatsache war, dass sich die Stimmung gegen den anfänglich gefeierten Entdecker gekehrt hatte. In Regierungskreisen war man sich nicht sicher, ob Schliemann, der eine große Raffinesse als Goldgräber an den Tag gelegt hatte, sich nicht ebenso verhalten würde, wie gegen die türkische Regierung. Den Schatz als staatliches Eigentum zu übernehmen, war zu dem Zeitpunkt nicht ratsam. Die türkische Regierung war nach diesem zweiten Coup Schliemanns nicht mehr willens, ihren Ärger verrauchen zu lassen, und ersuchte Griechenland um Rechtshilfe. Die griechische Regierung konnte sich diesem Ansuchen nicht entziehen, da noch immer einige griechische Gebiete unter türkischer Hoheit standen und man auf das Wohlwollen der Hohen Pforte angewiesen war. Die Ermittlungen wurden eingeleitet und Schliemann verhört. Zeitweise wurden seine Konten gesperrt und sein Haus beschlagnahmt.
Schließlich
begann in Athen ein Prozess gegen Schliemann und ein Jahr später erging
das Urteil. Er durfte den Schatz behalten, hatte jedoch die türkische
Regierung mit 10.000 Francs zu entschädigen. Erleichtert über
das günstige Urteil überwies Schliemann 50.000 Francs und obendrein
noch einige Kisten trojanischer Fundobjekte. Schliemann konnte nun über
den Schatz frei verfügen und war in den Augen der Welt durch die Entschädigung
wieder rehabilitiert.
Der
Schatz war ihm dennoch zur Last geworden und er wollte ihn mehrfach loswerden.
Er hatte ihn der italienischen Regierung als Gegenleistung für eine
Grabungserlaubnis in Süditalien und Sizilien angeboten, die Regierung
lehnte ab. Ein Verkaufsangebot an das britische Museum scheiterte an Schliemanns
hohen Geldforderungen. Wie stark der Druck für Schliemann gewesen sein
muss, beleuchtet der dritte Versuch, sich des Schatzes zu entledigen: Er
erbot sich, dem Louvre in Paris das trojanische Gold zu schenken - ohne
Gegenleistungen. Die französische Regierung ließ die Antwortfrist
verstreichen und Schliemann annullierte die großzügige Offerte.
Als nunmehr rechtmäßiger Besitzer ließ er den Schatz aus den Verstecken holen, deponierte ihn in Tresoren der Nationalbank in Athen und bot ihn verschiedenen Museen für eine Ausstellung an, ohne seine Besitzrechte in Frage zu stellen. Bereits wenige Tage nach der Urteilsverkündung trat Schliemann eine Reise durch Europa an, um Vorträge zu halten und mit Museen in Kontakt zu kommen. Seine Ausführungen zu Troja stießen auf sehr unterschiedliche Resonanz. Während man ihm in Paris kühle Distanz entgegenbrachte, feierte man ihn in London. Von der Königin der Niederlande erhielt er einen Orden, und auch die Universität in Rostock nahm den Vortrag "ihres" Doktors mit Sympathie entgegen.
In Rostock
schloss Schliemann Bekanntschaft mit Professor Rudolf Virchow, dem berühmten
Arzt und Anthropologen aus Berlin, mit dem ihn in späteren Jahren eine
für Deutschland folgenreiche Freundschaft verbinden sollte.
Diese
Akzeptanz durch Gelehrte in Deutschland war für Schliemann von großer
Bedeutung. Sein Buch "Trojanische Alterthümer", das 1874
in Deutschland und Frankreich, 1875 im englischsprachigen Raum erscheinen
sollte, rief besonders in Deutschland Kritik und sogar Spott hervor. Schliemanns
Interpretationen wurden allgemein abgelehnt, bei den freigelegten Gebäuden
handele es sich um die von Homer geschilderten trojanischen Prachtbauten.
Diese Kritik veranlasste ihn wohl, nach Sondierungen in Italien Ende des Jahres 1875 in Konstantinopel vorstellig zu werden und einen neuen Firman zu beantragen. Die türkische Regierung war nicht nachtragend und erteilte ihm sogar einen Firman, der für zwei Jahre Gültigkeit hatte. An einen sofortigen Beginn der Ausgrabungsarbeiten war aber trotzdem nicht zu denken, da der Gouverneur der Dardanellen ihm wieder einige zeitraubende Bedingungen auferlegte. So kehrte Schliemann nach Athen zurück und beantragte erneut eine Grabungserlaubnis für Olympia und Mykene. Bei der griechischen Regierung herrschte jedoch Misstrauen wegen einer von Schliemann durchgeführten heimlichen, nicht genehmigten Grabungsaktion. Man fragte sich, was dieser Mann zu finden hoffte, da er bereit war, so viel Geld in die Ausgrabungen zu investieren.
Die griechische Regierung zeigte sich schließlich versöhnlich und erteilte am 29. März 1874 nachträglich die Grabungserlaubnis für Mykene. Diese versöhnliche Geste wurde jedoch ihrer Wirkung beraubt, als Schliemann erfuhr, dass die griechische Regierung mit einer deutschen Delegation unter Leitung von Prof. Curtius über die Ausgrabungen in Olympia verhandelte und am 25.4.1874 zu einer Einigung kam. Schliemann machte Angebote, um die Entscheidung zu seinen Gunsten zu korrigieren. Die Regierung lehnte ab. In seiner Ehre gekränkt, wandte sich Schliemann schriftlich an den König.
Trotzdem blieb das Wettrennen mit seinem Rivalen Prof. Curtius um Olympia verloren.