BIOGRAPHIE
Odysseus im 19. Jahrhundert
Kindheit und Jugend
Ende der kindlichen Idylle
Durch Fleiß zum Erfolg
Wohlstand und Ansehen
Goldfieber
Reichtum und Familie
Bildung und Reisen
Suche nach neuem Lebensziel
Vom Autor zum Ausgräber
Neuordnung seines Lebens
Trojan. Traum und Wirklichkeit
Grabungen in Troja (1871-1873)
Schatz des Priamos
Trojas Fluch und Segen
Agamemnon und Mykene
Anerkennung und Kritik
Zurück nach Troja 1878/79
Die Schenkung
Orchomenos und Troja
Herakles und Minos
Die Verteidigung Trojas
LEBENSLAUF
Kurzfassung
seines Lebens
ALBUM &
GALERIE
Bilder rund um Schliemann
Gedenkstätte Neubukow
Die Kunstgalerie
LITERATUR
Empfehlenswerte Bücher
SITESEEING
Die Linksammlung
"Mittel
und Zeit" sind vonnöten, um archäologischen Interessen frönen
zu können - und Schliemann betont diese Reihenfolge nicht von ungefähr.
Nun,
was ihm der Vater schon gar nicht geben konnte, waren die finanziellen Mittel
für eine humanistische Schulausbildung als Grundlage und Vorbedingung
eines Studiums der Archäologie.
Als fünftes von neun Kindern wurde Johann Ludwig Heinrich Julius Schliemann am 6. Januar 1822 in Neubuckow, Mecklenburg, geboren. Die Familie, die 1823 nach Ankershagen übersiedelte, war durch den Beruf des Vaters wohl angesehen, aber nicht wohlhabend. Mit dem Tod der Mutter im Jahre 1831 traf die Familie auch ein "anderes schweres Missgeschick, ...infolge dessen alle unsere Bekannten uns plötzlich den Rücken wandten und den Verkehr mit uns aufgaben" - so auch die Familie seiner Jugendfreundin Minna Meinecke. Dieses "Missgeschick" wurde vom Vater verursacht.
Der
Pastor war noch vor dem Tode seiner Frau eine Liebschaft mit der Dienstmagd
Sophie Schwarz, die er zudem mit Geschenken überhäufte, eingegangen.
Zwar wurde noch zu Lebzeiten der Frau Pastor die Nebenbuhlerin aus dem Haus
gewiesen, doch die Geschichte wurde ruchbar. Hinzu kam der Verdacht der
Veruntreuung von Kirchengeldern durch den Pastor. Dieses alles führte
zu einem Disziplinarverfahren gegen Schliemanns Vater, das sich von 1832
bis 1837 hinzog. Zwar konnte der Verdacht der Veruntreuung abgewendet werden,
doch wurde der Pastor "wegen leichtfertigen Lebenswandels" suspendiert
und letztendlich des Amtes enthoben.
Neben der sozialen Ächtung geriet die Familie Schliemann nun auch in finanzielle Not. Die Kinder wurden aus dem Haus gegeben, Heinrich kam zu einem Onkel in dessen kinderreiche Familie und durfte anfangs auch das humanistische Gymnasium in Neustrelitz besuchen. Als nach zwei Jahren jedoch die Schulgelder vom Vater ausblieben, musste Heinrich auf die Realschule wechseln, die er 1836 mit einem mäßigen Abschlusszeugnis verließ. Nicht verwunderlich, dass Schliemann seinem Vater wenig Sympathie entgegenbrachte, obgleich er in seiner Autobiografie ein anderes Bild zeichnet. Der Vater hatte in seinen Augen die Mutter ins Grab gebracht, ihn aus dem sozialen Umfeld gerissen, wodurch er den Kontakt zu seiner Jugendfreundin Minna verlor, die er auch später noch heiraten wollte, und ihm ferner eine gute Ausbildung versagte.
So wurde Heinrich Schliemann 14-jährig Lehrling in einem kleinen Krämerladen im Städtchen Fürstenberg - von fünf Uhr morgens bis elf Uhr nachts. Als er schließlich Blut zu spucken begann - Schliemann führt dies auf eine Lungenverletzung durch das Heben schwerer Fässer zurück -, wurde er entlassen. Auf die Schilderung dieser schweren und unerfreulichen Lehrjahre verwendet Schliemann verständlicherweise in seiner Autobiografie nur wenige Sätze.
Lediglich eine Episode wird breit ausgeschmückt, die den Bildungshunger des Jungen verdeutlichen soll. Es ist dies ein Erlebnis mit dem "betrunkenen Müller Hermann Niederhöffer". Dieser, ein ehemaliger Gymnasiast, rezitierte ihm eines Abends "nicht weniger als hundert Verse" Homers. "Obgleich ich kein Wort verstand, machte doch die melodische Sprache den tiefsten Eindruck auf mich", und Schliemann gab seine wenigen ersparten Pfennige her, um den Müllergesellen drei Gläser Branntwein zu bezahlen, damit dieser ihm die "göttlichen Verse" ebenso oft wiederholte.
Nach
seiner Entlassung erlernte Schliemann die "doppelte italienische Buchhaltung"
in Rostock und wanderte dann auf der Suche nach Arbeit zu Fuß nach
Hamburg. Wegen seiner körperlichen Schwäche wurde er aber überall
schon nach acht Tagen entlassen und geriet schließlich in materielle
Not. In seiner "Verzweiflung" beschloss er, Europa zu verlassen
und nach Venezuela auszuwandern, Er heuerte als Kajütenjunge auf der
kleinen Brigg "Dorothea" an. Am 28.November 1841 verließ
das Schiff den Hamburger Hafen Richtung Amsterdam, eine Reise, die bei gutem
Wind in drei Tagen zurückgelegt werden kann. In der Nacht vom 11. auf
den 12. Dezember schlug das Schiff im Sturm an einer Klippe leck und sank.
Nach stundenlangem Herumtreiben in der eiskalten Nordsee wurde Schliemann
und die ganze Besatzung auf der holländischen Insel Texel an Land geworfen.
Mit Wunden am ganzen Körper wurde er ein paar Tage von Wirtsleuten
gepflegt und erbat sich dann vom Konsulat die Erlaubnis und das Geld, um
nach Amsterdam weiterreisen zu können, und "lehnte es entschieden
ab, wieder nach Deutschland zu gehen, wo ich so namenlos unglücklich
gewesen war...". Und dieser Entschluss sollte sich als richtige Entscheidung
erweisen.