BIOGRAPHIE
Odysseus im 19. Jahrhundert
Kindheit und Jugend
Ende der kindlichen Idylle
Durch Fleiß zum Erfolg
Wohlstand und Ansehen
Goldfieber
Reichtum und Familie
Bildung und Reisen
Suche nach neuem Lebensziel
Vom Autor zum Ausgräber
Neuordnung seines Lebens
Trojan. Traum und Wirklichkeit
Grabungen in Troja (1871-1873)
Schatz des Priamos
Trojas Fluch und Segen
Agamemnon und Mykene
Anerkennung und Kritik
Zurück nach Troja 1878/79
Die Schenkung
Orchomenos und Troja
Herakles und Minos
Die Verteidigung Trojas
LEBENSLAUF
Kurzfassung
seines Lebens
ALBUM &
GALERIE
Bilder rund um Schliemann
Gedenkstätte Neubukow
Die Kunstgalerie
LITERATUR
Empfehlenswerte Bücher
SITESEEING
Die Linksammlung
Auf Empfehlung und durch Unterstützung des preußischen Generalkonsuls erhielt Schliemann in Amsterdam nach einigen Wochen eine Anstellung in einem Kontor als Bürodiener mit leichter Tätigkeit, die "mir ausreichend Zeit ließ, an meine vernachlässigte Bildung zu denken". Für dieses Ziel verzichtete er auf alle Annehmlichkeiten und verwendete die Hälfte seines kargen Lohnes für die Bezahlung von Lehrern. Er war überzeugt, dass "nichts mehr zum Studieren anspornt als das Elend und die gewisse Aussicht, sich durch angestrengte Arbeit daraus befreien zu können".
Was
aber verstand Schliemann unter "Bildung"? Als erstes engagierte
er einen Kalligraphen, um sich eine "leserliche Handschrift" anzueignen.
Nach diesem mehr formalistischen Lernziel wandte er sich dem Studium der
Sprachen zu - ein Entschluss, der seine späteren Erfolge entscheidend
mitbestimmte und einem Angestellten in einem Kontor mit internationalen
Kontakten nur weiterhelfen konnte.
Die eigenwillige Lernmethode, die ihn "die Not... ausfindig machen"
ließ, lässt nicht nur eine enorme Sprachbegabung erkennen, sondern
auch einen eisernen Willen und Härte gegen sich selbst, zu denen dieser
junge Mann fähig war:
"Diese einfache Methode besteht zunächst darin, dass man sehr viel laut liest, keine Übersetzungen macht, täglich eine Stunde nimmt, immer Ausarbeitungen über uns interessierende Gegenstände niederschreibt, diese unter Aufsicht des Lehrers verbessert, auswendig lernt und in der nächsten Stunde aufsagt, was man am Tage vorher korrigiert hat." Innerhalb eines halben Jahres lernte er so Englisch und wandte sich danach sofort der französischen Sprache zu.
Nach dieser Methode lernte Schliemann im Laufe seines Lebens mehr als zehn Sprachen, und angesichts seiner Erfolge glaubte er, seine Methode für Gymnasien empfehlen zu können. Diese emsige Nebenbeschäftigung blieb seinen Arbeitgebern natürlich nicht verborgen, denn Schliemann vernachlässigte seine Arbeit, die ihn auch nicht mehr interessierte. Auf Empfehlung deutscher Freunde erhielt er zum 1. 3. 1844 eine Anstellung als Korrespondent und Buchhalter bei den angesehenen Kaufleuten B.H. Schröder & Co. in Amsterdam. Ein ansehnliches Monatssalär beendete die Zeit der Entbehrungen, und zudem ließ ihm die neue Beschäftigung genug Zeit, eine weitere Sprache zu lernen. Seine Wahl fiel auf Russisch, eine Sprache, die in Amsterdam niemand beherrschte, die aber für die Geschäftsverbindungen seiner Arbeitgeber von großem Nutzen war.
Schliemanns Gedächtnis war nun bereits so gut trainiert, dass er Russisch innerhalb von nur sechs Wochen erlernte. Diese Lernphase brachte allerdings einige Unannehmlichkeiten mit sich. Da er in Amsterdam nur Bücher, aber keine Lehrer finden konnte, behalf er sich mit einem "armen Juden, der für vier Francs pro Woche allabendlich für zwei Stunden zu mir kommen und meine russischen Deklamationen anhören musste, von denen er keine Silbe verstand." Die jeweiligen Mitbewohner in den Häusern waren weder erbaut noch duldsam: Schliemann musste zwei mal die Wohnung wechseln.
Dieser spektakuläre Spracherwerb wandelte sich bereits 1846 in bare
Münze um, als B.H. Schröder & Co. Ihn als ihren Agenten nach
St. Petersburg (dem heutigen Leningrad) entsandten.