BIOGRAPHIE
Odysseus im 19. Jahrhundert
Kindheit und Jugend
Ende der kindlichen Idylle
Durch Fleiß zum Erfolg
Wohlstand und Ansehen
Goldfieber
Reichtum und Familie
Bildung und Reisen
Suche nach neuem Lebensziel
Vom Autor zum Ausgräber
Neuordnung seines Lebens
Trojan. Traum und Wirklichkeit
Grabungen in Troja (1871-1873)
Schatz des Priamos
Trojas Fluch und Segen
Agamemnon und Mykene
Anerkennung und Kritik
Zurück nach Troja 1878/79
Die Schenkung
Orchomenos und Troja
Herakles und Minos
Die Verteidigung Trojas
LEBENSLAUF
Kurzfassung
seines Lebens
ALBUM &
GALERIE
Bilder rund um Schliemann
Gedenkstätte Neubukow
Die Kunstgalerie
LITERATUR
Empfehlenswerte Bücher
SITESEEING
Die Linksammlung
Die Rückkehr nach St. Petersburg am 23. Juli 1852 markierte einen Neubeginn im geschäftlichen wie auch im privaten Bereich. Die Geschäftsfreunde in St. Petersburg nahmen ihn freudig wieder in ihre Kreise auf und stellten ihm ihre Verbindungen zur Verfügung. Schliemann etablierte sich umgehend als selbständiger Kaufmann und eröffnete dazu noch eine Filiale in Moskau.
Und die Damenwelt brachte dem weitgereisten, vermögenden Junggesellen das so lange vermisste Interesse entgegen. "Auch Fräulein Katharina Lyshin besuchte ich, der ich in früheren Jahren vergeblich den Hof gemacht habe, aber jetzt empfing sie mich sehr freundlich, und alles scheint Glück zu versprechen." Tatsächlich schloss Schliemann bereits am 12. Oktober mit der genannten Dame, der er "hohe körperliche und geistige Qualitäten" zusprach, den Bund der Ehe. Somit hatte sich ein jahrelang gehegter Wunsch erfüllt. Doch das ersehnte Glück war dieser Verbindung nicht beschieden. Bald schon stellte es sich heraus, dass das Paar keine gemeinsamen Interessen hatte. Ekaterina, die kein eigenes Vermögen mit in die Ehe gebracht hatte, schien allein an der materiellen Sicherheit dieser Verbindung interessiert zu sein, nicht hingegen an seiner Person. Alles, was ihn bewegte, das Geschäftliche, die Lust am Reisen und vor allem die Liebe zu fremden Sprachen und zur Antike lehnte sie ab und sparte dazu nicht mit Spott. Ihre Verachtung und Ablehnung trug sie mehr und mehr zur Schau, und nach der Geburt des vom Vater sehr geliebten Sohnes Sergej im Jahre 1855 prallten die zahlreichen Annäherungsversuche Schliemanns an seiner Frau kalt ab. Nach eigener Aussage musste Schliemann die später geborenen Töchter Natalia und Nadeshda seiner Frau "stehlen".
Schliemann, der sich selbst als "sinnlich" bezeichnete, entschädigte sich entgegen dieser Selbsteinschätzung nicht durch außereheliche Affären, sondern durch Flucht. Er stürzte sich in die Arbeit, vervielfachte sein Vermögen, erwies sich als der "schlauste durchtriebenste und fähigste Kaufmann", so dass er bereits 1858 fest stellen konnte, dass "mir mein erwobenes Vermögen groß genug schien, und ich wünschte mich deshalb gänzlich vom Geschäft zurückzuziehen". Trost und Vergessen suchte er auch im Erlernen von weiteren Sprachen: "Die furchtbare Passion für Sprachen, die mich Tag und Nacht quält, und mir fortwährend predigt... , mich entweder ins ländliche Leben oder in eine Universitätsstadt, wie z.B. Bonn, zurückzuziehen, mich dort mit Gelehrten zu umgeben und mich ganz und gar der Wissenschaft zu widmen ...".
Ekaterina erklärte ihm hingegen, dass sie nicht daran denke, aus St. Petersburg wegzugehen, und Schliemann anderenfalls auf seine Kinder verzichten müsse. So betrieb er seine Studien in St. Petersburg: "... mein erster Lehrer war Nikolaos Pappadakes, der zweite Herr Theokletos Vimpos, beide aus Athen, wo der letzte heute Erzbischof ist". Dieser "letztere" sollte mehr als ein Jahrzehnt später für Schliemanns späteres Leben eine entscheidende Bedeutung erlangen. Schliemann lernte bei diesen Herren zunächst Neugriechisch, in sechs Wochen, und erst danach Altgriechisch, für das er drei Monate aufwendete. Und "im Sommer 1858 nahm ich bei meinem verehrten Freunde Prof. Ludwig von Muralt in Petersburg meine Studien der lateinischen Sprache wieder auf, die fast fünfundzwanzig Jahre geruht hatten. Jetzt, wo ich Neu- und Altgriechisch konnte, machte mir das Lateinische wenig Mühe, und ich hatte es mir bald angeeignet." Die Hinwendung zur Antike durch die Sprachstudien erweckte in Schliemann bereits 1856 den Wunsch, "das Vaterland meines Lieblings Homer zu besuchen, besonders, da ich die neugriechische Sprache wie Deutsch spreche".
m November setzte er diesen Wunsch in die Tat um, legte seine Geschäfte nieder und entfloh dem häuslichen Unfrieden. "Ich reiste zunächst nach Schweden, Dänemark, Deutschland, Italien und Ägypten, wo ich den Nil bis zu den zwei Katarakten in Nubien hinauffuhr. Hierbei benutzte ich die günstige Gelegenheit, Arabisch zu lernen, und reiste dann durch die Wüste von Kairo nach Jerusalem. Darauf besuchte ich Petra (in Jordanien), durchstreifte ganz Syrien ... und ... besuchte im Sommer 1859 Smyrna, die Kykladen und Stehen und war eben im Begriff, nach der Insel Ithaka aufzubrechen, als ich vom Fieber befallen wurde." Das Fieber war aber nicht maßgebend für Schliemanns Rückkehr nach Petersburg. Ein Geschäftspartner, der Schliemann große Summen schuldete, war in Konkurs gegangen, und Schliemann konnte erst nach einem langjährigen Prozess seine Außenstände wieder einbringen. In seinen Geschäften hatte er Glück und die Spekulation wie moralische Unberührtheit verhalfen ihm während der Zeit des amerikanischen Sezessionskrieges 1860/61 zu großen Gewinnen. So "befand ich mich schon gegen Ende des Jahres 1863 im Besitze eines Vermögens, das an Größe alles übertraf, was ich in meinen kühnsten Träumen je zu erstreben gewagt hatte."
Nun
zog sich Schliemann endgültig aus dem Geschäftsleben zurück,
dessen Anstrengungen ihm auch gesundheitlich nicht mehr zuträglich
schienen.