BIOGRAPHIE
Odysseus im 19. Jahrhundert
Kindheit und Jugend
Ende der kindlichen Idylle
Durch Fleiß zum Erfolg
Wohlstand und Ansehen
Goldfieber
Reichtum und Familie
Bildung und Reisen
Suche nach neuem Lebensziel
Vom Autor zum Ausgräber
Neuordnung seines Lebens
Trojan. Traum und Wirklichkeit
Grabungen in Troja (1871-1873)
Schatz des Priamos
Trojas Fluch und Segen
Agamemnon und Mykene
Anerkennung und Kritik
Zurück nach Troja 1878/79
Die Schenkung
Orchomenos und Troja
Herakles und Minos
Die Verteidigung Trojas
LEBENSLAUF
Kurzfassung
seines Lebens
ALBUM &
GALERIE
Bilder rund um Schliemann
Gedenkstätte Neubukow
Die Kunstgalerie
LITERATUR
Empfehlenswerte Bücher
SITESEEING
Die Linksammlung
"Schon im ersten Jahre meines Aufenthalts in Petersburg war ich bei meinen Geschäften so vom Glück begünstigt gewesen, dass ich bereits zu Anfang des Jahres 1847 in die Gilde als Großhändler mich einschreiben ließ. Neben dieser meiner neuen Tätigkeit blieb ich in unveränderter Beziehung zu den Herren B.H. Schröder & Co. in Amsterdam, deren Agentur ich fast elf Jahre behielt."
Haupthandelsware war Indigo, dieser wetterfeste blaue Farbstoff, der aus dem Saft der Pflanze Indigofera gewonnen wird und zu Schliemanns Zeit, da noch kein chemisches Äquivalent zur Verfügung stand, ein hochbegehrtes Handelsobjekt war. Doch erweiterte er die Palette der Handelswaren, so z.B. mit Tee, Kaffee, Edelsteinen, Salpeter aus Chile, Olivenöl, Baumwolle, Papier usw..
Drei hervorstechende Merkmale prägen das kaufmännische Talent, dem der kometenhafte Aufstieg Heinrich Schliemanns vom kleinen Korrespondenten zum Kommissionär und schließlich zum schwerreichen selbständigen Großhändler zuzuschreiben ist.
Diese drei Merkmale sind auch in den Entscheidungen und Handlungen des späteren "Ausgräbers" und Archäologen Schliemann dominierend. Schliemann legte erstens gegenüber dem gesamten Ablauf eines Handelsprozesses immer eine ungeheure Sorgfalt an den Tag und scheute auch vor großen Mühen und Aufwendungen nicht zurück: "... da ich... nie, wie die übrigen Indigohändler in Petersburg, den Verkauf des Indigo meinen Kommis oder Dienern überließ, sondern stets selbst im Speicher stand, um den Händlern die Ware zu zeigen und die Engrosverkäufe abzuschließen." Aber nicht nur den Verkauf tätigte Schliemann am liebsten persönlich, ebenso überwachte er den Einkauf auf den großen Auktionen, z.B. in Amsterdam, London und Paris so oft wie möglich selber und betreute sogar den Transport der Ware in Krisensituationen wie z.B. während des russischen Krimkrieges. In dieser unbedingten Wahrnehmung seiner Pflichten kannte er auch keine Rücksicht auf sich und seine Gesundheit. Als er in Sacramento, Kalifornien, im Oktober 1851, an Gelbfieber schwer erkrankte und zeitweise sogar ins Delirium versank, ließ er sich nicht etwa in seinem Hotel pflegen, sondern stellte sein Bett in das Kontor seiner Bankräume, um den Geschäftsgang so weit wie möglich im Auge zu behalten.
Dieser Härte gegen sich selbst entspricht das zweite Merkmal, eine gewisse Skrupellosigkeit anderen gegenüber angesichts der Möglichkeit eines geschäftlichen Vorteils. In einem Brief an seinen Vater zeichnete er von sich folgendes Bild: "Vom frühen Morgen bis zum späten Abend an meinem Comptoirtisch stehend, und in ewigem Nachdenken vertieft, wie ich am bequemsten durch vorteilhafte Spekulation, gleichviel ob zum Benefice oder zum Schaden meines Kommittenten oder Konkurrenten meinen Geldbeutel schwerer machen kann..." Dieser Haltung verdankte Schliemann zweimal eine gewaltige Aufstockung seines Vermögens durch Kriegsgewinne. Im Krimkrieg, (1853-1856) durchbrach er als mittlerweile russischer Bürger die russischen Blockaden und importierte kriegswichtige Waren, da die anderen "Kapitalisten Scheu trugen". Ebenso "machte ich in den Jahren 1860 und 1861... in Baumwolle sehr bedeutende Geschäfte, die durch den amerikanischen Bürgerkrieg und die Blockade der südstaatlichen Häfen begünstigt wurden und großen Gewinn gaben".
Als drittes Merkmal sei sein ausgeprägtes spekulatives Denken genannt, das trotzdem immer auf einem kalkulierbaren Risiko basierte. Als ihm zum Beispiel der Plan der russischen Regierung zu Gehör kam, ein neues Gesetzbuch herauszugeben, kaufte er einen großen Vorrat an besonders gutem Papier und konnte den Behörden zum gegebenen Zeitpunkt das passende Angebot machen. Neben der großen Flexibilität des früh heimatlos Gewordenen war wohl auch das Moment der Spekulation die Haupttriebfeder, die ihn im Jahre 1850 dazu bewog, sein russisches Domizil aufzugeben.