BIOGRAPHIE
Odysseus im 19. Jahrhundert
Kindheit und Jugend
Ende der kindlichen Idylle
Durch Fleiß zum Erfolg
Wohlstand und Ansehen
Goldfieber
Reichtum und Familie
Bildung und Reisen
Suche nach neuem Lebensziel
Vom Autor zum Ausgräber
Neuordnung seines Lebens
Trojan. Traum und Wirklichkeit
Grabungen in Troja (1871-1873)
Schatz des Priamos
Trojas Fluch und Segen
Agamemnon und Mykene
Anerkennung und Kritik
Zurück nach Troja 1878/79
Die Schenkung
Orchomenos und Troja
Herakles und Minos
Die Verteidigung Trojas
LEBENSLAUF
Kurzfassung
seines Lebens
ALBUM &
GALERIE
Bilder rund um Schliemann
Gedenkstätte Neubukow
Die Kunstgalerie
LITERATUR
Empfehlenswerte Bücher
SITESEEING
Die Linksammlung
Die theoretische Wissenschaft fesselte ihn auch nach seiner Rückkehr nicht. Bereits nach wenigen Monaten brach er auf, um den Spuren der Antike in Süditalien, Sizilien, und vor allem in Griechenland nachzugehen. Und diese Reise sollte ihm das Betätigungsfeld weisen, das er nun schon über Jahre suchte.
Mit
Homer und Pausanias als Vorlagen suchte Schliemann die Stätten zu finden,
die in "Ilias" und "Odyssee" Schauplätze der Ereignisse
waren. Diese Stätten fand er in Korfu, Ithaka, auf dem Berg Aetos und
vielen anderen: "Bald untersuchte ich die Örtlichkeit, bald las
ich in der Odyssee die Beschreibung der rührenden Szenen, deren Schauplatz
der Ort gewesen ist...". Er engagierte Arbeiter und ließ Grabungen
ausführen. Der Peloponnes war seine nächste Station. Er kam zu
der Erkenntnis, dass "gut geleitete Ausgrabungen wichtige archäologische
Entdeckungen zur Folge haben würden". Schliemann entwickelte bei
seinen weiteren Reisen viel Energie und Unternehmungsgeist, dem die einheimischen
Führer und Begleitsoldaten kaum gewachsen waren.
Am 8.
August 1868 ging er an den Dardanellen an Land, empfahl sich dem russischen
Konsul und brach sofort auf nach Burnabaschi, "von dem man annimmt,
dass es auf der Stätte des alten Troja liegt". Wie so oft, sah
sich Schliemann genötigt, im Freien zu übernachten: "...
alles wimmelte von Wanzen und überall sah ich die abscheulichste Unsauberkeit."
Doch der Anblick, der sich ihm am nächsten Morgen bot, ließ alle
Unannehmlichkeiten vergessen: "Ich gestehe, dass ich meine Rührung
kaum bewältigen konnte, als ich die ungeheure Ebene von Troja vor mir
sah, deren Bild mir schon in den Träumen meiner ersten Kindheit vorgeschwebt
hatte." Als die Rührung dem kritischen Verstand gewichen war,
begann Schliemann sogleich, die geographischen Gegebenheiten mit den Angaben
Homers zu vergleichen und musste dabei große Widersprüche feststellen.
Troja schien "viel zu weit entfernt vom Meere zu liegen", auch
konnte er "nirgends die geringsten Trümmer von Ziegeln oder Töpferwaren"
entdecken.
Schließlich
entschied er sich, denselben Erkundungsweg einzuschlagen, wie einst Achilles
und Hektor, und fand heraus, dass die beiden nicht den von Homer beschriebenen
Weg gegangen sein konnten. Die letzten Beweise für die Unrichtigkeit
der These, an die die meisten Archäologen seiner Zeit glaubten, erhielt
Schliemann durch folgende Tatsachen: Der Berg Ida war an keiner Stelle zu
sehen, "was mit Homer im Widerspruch steht, wo Jupiter vom Gipfel des
Ida die Stadt Troja überschaut...". Schließlich machte Schliemann
noch probeweise Ausgrabungen: "Fast überall drangen wir bei einer
Tiefe von 60 cm bis 1 Metern in den Felsen ein; nirgends das geringste Zeichen,
dass der Ort jemals von Menschen bewohnt gewesen sei".
Doch
konnten Schliemann diese enttäuschenden Ergebnisse nicht entmutigen,
denn ihm war zu dieser Zeit bereits eine andere Theorie über die Lage
Trojas bekannt, die ihm plausibel schien. Er hatte Bekanntschaft mit Frank
Calvert geschlossen, der an der Hohen Pforte von Konstantinopel als amerikanischer
Vizekonsul akkreditiert war. Calverts Leidenschaft galt der Archäologie,
und er vertrat, wie auch andere englische Archäologen, die Auffassung,
dass der Hügel Hissarlik, südwestlich von Burnabaschi gelegen,
der Standort des alten Troja war.
Calvert
hatte bereits eine Hälfte des Hügels käuflich erworben und
bei Grabungen Gebäudeteile im zyklopischen Baustil "aus großen,
ohne Zement übereinandergeschichteten Quadersteinen" freigelegt.
Eine Bestätigung dieser Annahme lieferte eine literarische Vorlage:
Strabon aus Abaseia hatte - ähnlich wie Pausanias später - um
Christi Geburt eine 17bändige kulturell-politische Geographie der ihm
damals bekannten Welt verfasst und den Hissarlik als Standort der Stadt
bezeichnet, die auf den Trümmern und der Asche des alten Ilion (Troja)
errichtet wurde.
Zurück
in Paris, schrieb Schliemann im Herbst 1868 innerhalb von nur drei Monaten
das Buch "Ithaka, der Peloponnes und Troja", in dem er seine neugewonnene
Überzeugung der Öffentlichkeit mitteilte. Doch fand dieses Buch
eines archäologischen Dilettanten und wissenschaftlichen Niemand kein
großes Publikum, und die gelehrte Welt reagierte mit Verachtung und
Herablassung.